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Ressourcenlounge – Unternehmenslounge - Kanzleilounge

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Ralf Ecker
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„Brauche ich für meine Kanzlei überhaupt eine Kanzleikultur?“

„Brauche ich für meine Kanzlei überhaupt eine Kanzleikultur?“

 

Eigentlich soll eine eingangs gestellte Frage ja am Ende des Beitrags beantwortet werden. Hier möchte ich Sie aber nicht so lange auf die Folter spannen, denn die Frage ist falsch gestellt. Sie haben längst eine Kanzleikultur. Viel wichtiger ist die Frage: Haben Sie die richtige? Die Antwort darauf wissen Ihre Mitarbeiter oder Mandanten schon. Aber wissen Sie sie auch? Mit diesem Beitrag möchte ich Ihnen verdeutlichen, dass es wichtig ist, sich mit der Kanzleikultur zu befassen und Ihnen helfen, die richtige zu finden.

Was ist eine Kanzleikultur?

Das Gabler Wirtschaftslexikon definiert Unternehmenskultur als Grundgesamtheit gemeinsamer Werte, Normen und Einstellungen, welche die Entscheidungen, die Handlungen und das Verhalten der Organisationsmitglieder prägen. Diese Definition enthält eine Menge Bestimmungsstücke, auf die einzeln einzugehen zwar lohnenswert wäre, aber auch zu weit führen würde. Ich möchte lieber den Begriff weiter operationalisieren, damit Sie damit arbeiten können.

 Kanzleikultur (Operationalisierung)

Kanzleikultur ist die Summe aller

  • sichtbaren und greifbaren Formen, Gegenstände und Verhaltensstrukturen,
  • expliziten (nach außen propagierten, sichtbaren) Werte und Prinzipien,
  • impliziten (nicht offen propagierten, nicht sichtbaren jedoch spürbaren) Werte und Prinzipien,
  • Gewohnheitsrechte und Annahmen, die von der Branche (Branchenkultur) und den agierenden Menschen (die sich bewusst für diese Branche/diesen Beruf entschieden haben) stark beeinflusst werden.

Warum Sie bereits eine Kanzleikultur haben!

Im Artikel „Proaktive Strategien mit problematischen Mitarbeitern“ (Ecker, KP 20, 220) habe ich bereits einmal kurz auf den Kommunikationswissenschaftler, Therapeuten und Philosophen Paul Watzlawick hingewiesen, der den griffigen Satz „Man kann nicht nicht kommunizieren!“ geprägt hat. Das trifft bei der Kanzleikultur ebenfalls zu 100 % zu. Sie können nicht keine Kanzleikultur haben.

Auch dann, wenn Sie sich noch nie um das Thema Kanzleikultur gekümmert haben, hat Ihre Kanzlei doch eine ganz spezielle und individuelle Kanzleikultur, die genau Ihre Kanzlei und die Menschen in Ihrer Kanzlei ausmacht und widerspiegelt. Diese Kultur ist sichtbar und spürbar mit all ihren Auswirkungen nach außen und innen, ob Ihnen das bewusst ist oder nicht. Die Frage, ob es eine Kanzleikultur braucht, hilft Ihnen deswegen nicht weiter.

Warum andere Ihre Kanzleikultur bereits kennen

Meist genügen bereits ein kurzer Aufenthalt und nur wenige Kontakte, um aus einem ersten Eindruck einen recht validen Rückschluss auf die Kultur der Kanzlei zu erhalten. Man spricht in diesem Zusammenhang von Eindrucksbildung. Hierunter wird Folgendes verstanden: Menschen machen sich (und sei es aus nur wenigen Informationen) unwillkürlich ein Bild von den Eigenschaften anderer Menschen bzw. von sozialen Zusammenhängen. Anders als bei physikalischen Eigenschaften, die über Reize direkt erfahrbar sind, ist die Wahrnehmung von Personen und sozialen Strukturen komplex und häufig nur über Rückschlüsse aus beobachtbaren Faktoren möglich. Aus diesen beobachtbaren Eigenschaften wird in einem internen Schlussfolgerungsprozess das Bild konstruiert.

Es sind insbesondere die folgenden Faktoren, die eine signifikante Rolle für den ersten Eindruck spielen und dabei bereits Ihre Kanzleikultur sehr gut erahnen lassen.

Eindrucksbildende Faktoren:
  • In welcher räumlichen Lage befindet sich die Kanzlei (Stadtteil, Gebäudeart/Gebäudestil, Räumlichkeiten etc.)?
  •  Wie ist der Empfang (der erste direkte und persönliche Eindruck) gestaltet und wie werden Mandanten, Lieferanten, Bewerber, Kollegen und Vorgesetzte empfangen? Wie wird miteinander kommuniziert und umgegangen?
  •  Wie sind der Wartebereich bzw. die Besprechungszimmer oder die Büroräume gestaltet? Nimmt man eine Corporate Identity wahr?
  •  Wie sind Führungskräfte und Mitarbeiter gekleidet (Corporate Identity)?
  •  Welche Gestik, Mimik, Körperhaltung, Stimmlagen und Ausstrahlung haben die Mitarbeiter und Führungskräfte (kompetent, freundlich, offen, strahlend, seriös, elegant, hilfsbereit, mandantenorientiert, mürrisch, unfreundlich, phlegmatisch, gehetzt, frustriert, oberlehrerhaft, arrogant etc.)?
  •  Wie ist der Umgangston untereinander und gegenüber Besuchern?
  •  Welche Atmosphäre herrscht in der Kanzlei?

Alle diese Eindrücke nehmen aufmerksame Menschen in Sekunden in sich auf und es entsteht ein übergeordnetes Bild von Formen, Gegenständen, Verhaltensweisen sowie sichtbaren und unsichtbaren (fühlbaren) Werten und Prinzipien. Und was noch wichtiger ist: Die Menschen ziehen dieses Bild heran, wenn sie versuchen, Fragen zu beantworten, zu denen sie (noch) keine Informationen haben: Werde ich als Mandant dieser Kanzlei gut betreut werden? Werde ich mich als Mitarbeiter in Ihrer Kanzlei gut aufgehoben fühlen? Aus diesem Grunde darf Ihnen die Kanzleikultur nicht egal sein.

Wie ermittle ich die Kultur meiner Kanzlei?

Das ist zugegebenermaßen nicht ganz einfach. Denn das Bild, dass Sie sich von Ihrer Kanzleikultur machen, muss nicht zwingend mit den Bildern Ihrer Mitarbeiter oder Mandanten übereinstimmen. Aber Sie können sich diesen Bildern annähern ‒ auch ohne umfangreiche Befragungen. Es ist auch einfacher, wenn Sie sich dem Thema mit Blick auf einen bestimmten relevanten Aspekt nähern, als wenn Sie versuchen, die Kanzleikultur „an sich“ ergründen zu wollen.

Ein wichtiger Aspekt heute ist die digitale Veränderungsbereitschaft. Damit meine ich das Wissen, Wollen und Können, das in der Kanzlei hinsichtlich der Digitalisierung von Prozessen mit allen Konsequenzen für Arbeitsweisen, Beziehungen etc. vorhanden ist. Die digitale Veränderungsbereitschaft bestimmt ‒ ohne Übertreibung ‒ die Überlebensfähigkeit der Kanzlei in der Zukunft. Denn immer mehr Mandanten machen die Zusammenarbeit mit dem Berater davon abhängig, dass er sich optimal in die digitalen Prozesse des Unternehmens eingliedert. Und immer mehr Mitarbeiter schauen sich genau an, ob die Strukturen und Prozesse der Kanzlei zukunftsweisend sind. Wenn Sie relevante Aspekte der Kanzleikultur analysieren wollen, können Sie in zwei Schritten vorgehen:

Schritt 1 ‒ Die eigene Vorstellung präzisieren: Was verstehen Sie persönlich unter einer „Kultur der digitalen Veränderungsbereitschaft“ und wie äußert sich diese aus Ihrer Sicht? Da das aus dem Stand nicht ganz so einfach ist, hier ein paar Hinweise. Veränderungsbereitschaft geht z. B. oft mit folgenden Punkten einher:

Indizien für (digitale) Veränderungsbereitschaft

  • Bestehendes (Strukturen, Handlungen, Denkweisen) wird aktiv hinterfragt, um es bei Bedarf neu auszurichten.
  • Probleme, Veränderungs-/Handlungsnotwendigkeiten werden nicht ausgesessen, sondern angegangen und als Chance gesehen, neue Wege zu gehen.
  • Mit Fehlern/Rückschlägen wird konstruktiv umgegangen. Sie werden als Möglichkeit gesehen, zu lernen und sich zu verbessern.
  • Bei geplanten Änderungen wird versucht, verschiedene Perspektiven einzunehmen und alle einzubinden, die Relevantes beitragen könnten.
  • Veränderungsbereitschaft stellt Bestehendes immer infrage. Das kann bei denen, die sich für das Bestehende damals stark gemacht hatten, dazu führen, dass sie sich ebenfalls infrage gestellt fühlen. Wird das durch ein allgemeines Klima der Offenheit und Wertschätzung „aufgefangen“?

Schritt 2 ‒ Die eigene Kanzleikultur untersuchen: Verfügen Sie über eine Kanzleikultur, welche die notwendige digitale Veränderungsbereitschaft nach innen fördert und nach außen erkennbar werden lässt? Hierbei können Sie sich von meiner Definition der Unternehmenskultur leiten lassen.

 

Kultur der Veränderungsbereitschaft

  • 1. Kanzleikultur als Summe aller sichtbaren und greifbaren Formen und Gegenstände
  • Strahlen Sie, Ihre Mitarbeiter, Ihre Räumlichkeiten, Ihre Einrichtungen, Ihre Büroausstattung, Ihre technische Ausstattung, der bevorzugte Kleidungsstil (hier geht es nicht um überkommene Dresscodes, sondern darum, ein stimmiges Bild zu vermitteln), Ihre Handouts, Ihre Dienstleistungen, Ihre Altersstruktur, Ihre Homepage, Ihre Corporate Identity Agilität und „digitale Veränderungsbereitschaft“ aus?
  • Mit welchen Maßnahmen können Sie Ihre „Kultur der digitalen Veränderungsbereitschaft“ sichtbarer, plastischer und transparenter herausstellen und stetig weiterentwickeln?
  • Welche kurzfristigen Maßnahmen können Sie ergreifen (z. B. Accessoires/ Bilder/Artefakte aufräumen, umgestalten)?
  • Welche mittelfristigen Maßnahmen können Sie ergreifen (z. B. professioneller Kanzleiauftritt (Design/Logo, Homepage, Social Media, individuelle Mandanteninformationen, individuelle Servicepakete und Servicepauschalen), renovieren, neue Ausstattungen, neues technisches Equipment, Agenturen und Berater hinzuziehen, Potenzialfördermaßnahmen (fachliche sowie Soft Skills), neue Geschäftsfelder und Serviceangebote)?
  • Welche langfristigen Maßnahmen können Sie ergreifen, wie z. B. veränderte Räumlichkeiten, veränderte Mitarbeiterstrukturen?

 

  • 2. Kanzleikultur als Summe aller expliziten (nach außen propagierten, sichtbaren) Werte und Prinzipien
  • Strahlen Ihre sichtbaren Verhaltensstrukturen (fachliche Auskünfte, soziale Kompetenzen, verbale und nonverbale Kommunikation, Auftreten und generelle Umgangsformen) Agilität, Kompetenz und Lösungsorientiertheit aus?
  • Mit welchen Maßnahmen können Sie Ihre sichtbaren Verhaltensstrukturen so optimieren, dass Sie im Einklang mit einer Kultur der digitalen Veränderungsbereitschaft stehen?
  • Welche kurzfristigen Maßnahmen können Sie ergreifen (z. B. Verbesserung der Kommunikation untereinander und gegenüber Anrufern und Besuchern, mehr lächeln, gezielte Förderung des Kanzleiklimas)?
  • Welche mittelfristigen und langfristigen Maßnahmen können Sie ergreifen (z. B. Potenzialfördermaßnahmen (fachlich sowie Soft Skills), um die Basis für lebenslanges Lernen zu legen, Führungskräftetrainings, Verbesserung der Resilienz)?

Beachten Sie | Freude und ein wertschätzender Umgang untereinander haben erwiesenermaßen direkte Auswirkungen auf die menschliche Verhaltensstruktur.

 

  • 3. Kanzleikultur als Summe aller impliziten (nicht offen propagierten, nicht sichtbaren jedoch spürbaren) Werte und Prinzipien:
  • Kennen Sie Ihre Werte und Prinzipien?
  • Haben Sie Ihre Werte und Prinzipien schon einmal bewusst festgelegt und kommuniziert?
  • Ist die digitale Veränderungsbereitschaft ein Prinzip, das Ihnen generell wichtig ist und welche Ausprägungen zeigen sich, wenn Ihre Kanzlei diese Kultur lebt?
  • Was beobachten Sie jeden Tag in der Kanzlei, im Umgang miteinander, im Umgang mit den Mandanten, in der Motivation, der Leistungsbereitschaft, der Qualität der Löhne, FiBu und Abschlüsse, der Effizienz und Agilität etc.?
  • Passen Ihre schriftlich formulierten Werte und Prinzipien zu den täglich zu beobachtenden Verhaltensweisen und Ergebnissen?
  • Kennen Ihre Mitarbeiter und Mandanten diese Werte und Prinzipien?
  • Welche kurzfristigen Maßnahmen können Sie ergreifen (z. B. Werte und Prinzipien formulieren und mit dem Status quo abgleichen, Soll-Ist-Vergleich, Benchmarking, Werte und Prinzipien mit Mitarbeitern und in ausgewählten Mandantengesprächen kommunizieren)?
  • Welche mittelfristigen und langfristigen Maßnahmen können Sie ergreifen, (z. B. Werte selbst mehr verinnerlichen und vorleben, die Werte und Prinzipien immer wieder den Mitarbeitern mitteilen, um sie nachhaltig zu fördern sowie mit Leben zu füllen, Mitarbeiter fachlich und in den Soft Skills fördern und Resilienz aufbauen, Mitarbeiter einstellen, deren Wertesystem mit der Kultur Ihrer Kanzlei kompatibel ist)?

 

  • 4. Kanzleikultur als Summe aller nicht sichtbaren (jedoch spürbaren) Werte und Prinzipien:
  • Sind die formulierten Werte im Einklang mit der gefühlten Wirklichkeit?
  • Wo sind Abweichungen wahrnehmbar?
  • Welche kurzfristigen Maßnahmen können Sie ergreifen, um diese Lücken zu schließen (z. B. Mitarbeitergespräche führen und Abweichungen klar benennen, mit gutem Beispiel vorangehen, Mitarbeiter fördern)?
  • Welche mittelfristigen und langfristigen Maßnahmen können Sie ergreifen? (siehe oben)

Darum lohnt es sich, an der Kanzleikultur zu arbeiten

Nehmen Sie sich bitte die Zeit und setzen Sie sich mit Ihrer Kanzleikultur auseinander. Dieses Zeitinvest trägt reiche Früchte. Die richtige Kanzleikultur ist ein riesiger Wert im Kampf um gute Mitarbeiter und Mandanten. Einen Tag vor Fertigstellung dieses Artikels hat mir eine jüngere Kanzleiinhaberin geschildert, dass alle ihre Facebook-, Instagram- und sonstigen Annoncen nicht eine einzige vernünftige Bewerbung gebracht hätten. Alle Neueinstellungen der letzten zwölf Monate gründeten auf Empfehlung zufriedener Mitarbeiter. Alle diese Mitarbeiter haben Kanzleien verlassen, in denen sie sich nicht wohlgefühlt hatten. Der monetäre Aspekt war in allen diesen Fällen nicht ausschlaggebend. Teilweise werden sogar höhere Anfahrtswege in Kauf genommen. Die positive Kultur hat dieser Kanzlei innerhalb von zwölf Monaten vier neue kompetente Mitarbeiter beschert, die genau zu der gewünschten Kanzleikultur passen.

 

In keinem der Vorstellungsgespräche bzw. Kündigungsgespräche (beim alten Arbeitgeber) ist wahrscheinlich der Begriff Kanzleikultur gefallen und doch war genau die Kanzleikultur der entscheidende Faktor für den Stellenwechsel.

 

Quelle: Ausgabe 02.2022 Seite 25 Kanzleikultur